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Internetaktion vor Berliner Senatswahl: CDU präsentiert Wahlprogramm zum Mitmachen

Die Union will per Internet die 100 wichtigsten Probleme der Stadt finden. Auch bei der SPD darf mitdiskutiert werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Mehr Grünes und Blumen anpflanzen“, fordert Erdin K. So kommentiert er auf der neuen Internetplattform der Berliner CDU das Problem Nr. MP 020. Die Gegend rund um den Fernsehturm, aber auch Teile der City West verwahrlosten zunehmend, so lautet die These, die von der Union ins Netz gestellt wurde. Noch viele andere Positionen sollen mit den Bürgern online diskutiert werden. Zum Beispiel: „Die Sorgen und Ängste der Einheimischen werden in der Integrationsdebatte nicht hinreichend berücksichtigt.“ Oder: „Täglich grüßt der Unterrichtsausfall“ an den Schulen.

Schon in der Probephase wurde rege diskutiert. Am Montagabend wollte der CDU-Landesverband die Internetseite www.richtig-fuer-berlin.de komplett freischalten, damit die potenziellen Wähler nicht nur auf vorgegebene Thesen reagieren, sondern eigene Probleme in den Raum stellen können. „Machen Sie mit bei der Erstellung des Wahlprogramms“, wirbt ein fröhlich dreinblickender CDU-Landeschef und Spitzenkandidat Frank Henkel für die Teilnahme am Dialog. Mit einem rot-gelb-grünen Ampelsymbol kann ein Problem als unwichtig, wichtig oder sehr wichtig dargestellt werden. Und es dürfen, wie gesagt, eigene Vorschläge gemacht oder fremde Ideen kommentiert werden. „Wir machen da etwas Einzigartiges“ – Vize-Landeschef Thomas Heilmann spart nicht mit Eigenlob. Auf das, was sich in der Stadt ändern müsse, sollten die Bürger schon im Vorwahlkampf Einfluss nehmen können.

Mit dem Versuch, das Wahlprogramm der CDU quasi basisdemokratisch zu erfinden, signalisieren die Christdemokraten auch, „dass wir im Wahlkampf stark auf Inhalte setzen“, sagt Henkel. Was die Union den Wählern anbieten wolle, sei kein übliches Wahlprogramm, sondern ein „Problemlösungskatalog“. Ab Dienstag werden in der Stadt 200 Großplakate geklebt, mit einem blau getönten CDU-Kandidaten Henkel, der fragt: „Was muss sich ändern?“

Am Ende sollen die 100 wichtigsten Probleme sein im Zuge der Bürgerbeteiligung via Internet identifiziert werden. Sie fließen in das Wahlprogramm ein, dessen Entwurf am 13. April vorgestellt wird. Danach verfährt die CDU so, wie es andere Parteien auch machen. Aus den Parteigliederungen werden Änderungsanträge eingebracht, und am 6. Mai entscheidet ein CDU-Landesparteitag über das komplette Wahlprogramm.

Heilmann setzt auf einen „sachlichen Diskussionsprozess ohne Polemik“. Offenkundiger Unsinn werde aus dem Online-Verfahren ausgefiltert, und die CDU habe auch keine Angst, von Autonomen oder anderen fremden Mächten via Internet unterwandert zu werden. „Wir sehen das optimistisch gelassen“, sagt der Parteivize. Begleitet wird die Kampagne von Straßenständen und einer Wahlkampfzeitung. Wem das Internet nicht geläufig ist, kann anrufen (346499120).

Die anderen Berliner Parteien verzichten weitgehend auf Mitmacheffekte. Das Grünen-Programm ist schon fertig, auch Linke und FDP wollen unter sich bleiben, wenn es um die Aufstellung des Wahlprogramms geht. Nur die Sozialdemokraten bieten eine Internetseite an, auf der man den SPD-Programmentwurf lesen und diskutieren kann. „Wir wollen die politisch führende Kraft in Berlin bleiben und freuen uns über Ihre Beiträge, Meinungen und Änderungswünsche“, lächelt SPD-Landeschef Michael Müller dem interessierten Bürger entgegen. Auch diese Offerte findet Resonanz, wie die Online-Kommentare zeigen.

In Auswertung der Guttenberg-Debatte fehlt jetzt eigentlich nur noch eine Software, mit der sich feststellen lässt, welche Partei von welcher anderen am meisten abgeschrieben hat. Jene Wähler, die sich mehr für das politische Personal interessieren, dürfen darauf hoffen, dass das bewährte Portal „Abgeordnetenwatch“ auch für Berlin bald freigeschaltet wird. Dafür fehlen nach aktuellem Stand noch 803 Euro, um die Fördersumme von mindestens 10 000 Euro zu erreichen. Anschließend können die Berliner alle Kandidaten mit hartnäckigen Fragen traktieren. Ulrich Zawatka-Gerlach

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